Der Beratungsprozess für Unternehmensberatung – Teil I

 

Mh, plötzlich Berater. Und was nun? Was muss man denn da eigentlich machen und vor allem wie funktioniert eigentlich so ein Beratungsprozess für Unternehmensberatung?

Als ich vor 6 Jahren aus der Politik- und Wirtschaftsberatung in die Unternehmensberatung (IT-Beratung) gewechselt bin, war mir die Tätigkeit des “beratens” grundsätzlich klar. Aber Politik- und Wirtschaftsberatung ist eben doch etwas anderes wie Unternehmensberatung. Bei ersterem geht es eher um global-galaktische Zusammenhänge, Makrodaten und Gutachten. Bei der Unternehmensberatung hingegen geht es viel konkreter zu. Man ist in direktem Kontakt mit dem Kunden und versucht mit ihm gemeinsam seine Herausforderungen zu bewältigen und seine Probleme zu lösen. Man befindet sich also eher auf der Mikroebene.

Inzwischen glaube ich recht gut zu wissen, wie der Beratungsprozess für Unternehmensberatung funktioniert. Und zwar ganz allgemein betrachtet. Nicht der spezifische Beratungsprozess, den man findet wenn man nach “Beratungsprozess für Unternehmensberatung” googelt. Und den man dann auf Webseiten und Homepages von Beratungshäusern findet. Nicht dieser, der genau beschreibt wie der Ansatz des jeweiligen Beratungsunternehmens ist. Nicht der Beratungsprozess, der den Kunden von Unternehmensberatungen erklärt, wie vorgegangen wird und welche Methoden verwendet werden. Sondern der Beratungsprozess aus Sicht des Beraters. Bezogen auf das, was der Unternehmensberater während des Beratungsprozesses zu tun hat, was seine Aufgaben sind und wie er an der jeweiligen Stelle des Beratungsprozesses agieren oder interagieren sollte.

Und da fit4consulting ja ein Mentoring-Programm für Consulting Skills ist, macht es natürlich ganz viel Sinn, den Beratungsprozess auch mal aus Sicht des Beraters zu beschreiben. Und zwar ganz praxisnah und ohne theoretische, hochwissenschaftliche Abhandlung. Wer sich nichtsdestotrotz dafür interessiert, dem empfehle ich z.B. folgendes Buch:* Ihr Weg zur effizienten Unternehmensberatung. Für einen allgemeinen Kurzüberblick zum Beratungsprozess lohnt sich außerdem ein Blick in Gablers Wirtschaftslexikon.

Der Beratungsprozess für Unternehmensberatung

Aus meiner Sicht gliedert sich der Beratungsprozess aus Sicht des Beraters in drei Blöcke:

  1. Den Kunden verstehen (was allgemeinhin meistens als IST-Analyse definiert oder beschrieben wird).
  2. Die fachliche Beratungsleistung (hierunter fallen die Phasen, die üblicherweise meist mit Konzeption, Implementierung und Umsetzungscontrolling beschrieben werden).
  3. Dem Kunden Sachverhalte vermitteln (grundsätzlich ist dies der kontinuierlich laufende Prozess der Kundenkommunikation, d.h. Konzepte, Lösungsvorschläge und Vorgehensweisen erklären und vermitteln).

In den folgenden drei Beiträgen werde ich mich in den nächsten Wochen der Beschreibung der einzelnen Prozessphasen widmen. Und heute geht es los mit der ersten Phase des Beratungsprozess für Unternehmensberatung aus Sicht des Beraters:

Den Kunden verstehen

Das erste To Do eines Beraters im Beratungsprozess ist den Kunden zu verstehen. Das bedeutet, seine Probleme und Herausforderungen aufzunehmen und zu verstehen. Klar, ohne Verständnis des Kunden wüsste man ja auch gar nicht wie man ihn beraten und unterstützen könnte.

Es ist hierbei wichtig zu wissen, welche Facetten auf Kundenseite zu berücksichtigen sind. Der “Kunde”, den es zu verstehen gilt, lässt sich untergliedern in:

  1. Der Mensch (also der Mitarbeiter oder auch Manager, der im Unternehmen arbeitet), denn schließlich ist er derjenige mit dem man es zu tun hat und der einem die Informationen gibt, die man benötigt
  2. Die Organisation des Unternehmens (Teams, Abteilungen, Geschäftsprozesse)
  3. Das Unternehmen als Ganzes (d.h. Globale Betrachtung des Unternehmens im Ökosystem als auch der Innenbetrachtung)

Jede dieser Facetten gilt es zu verstehen. Denn hinter jeder Facette verbergen sich einige Aspekte, die es zu berücksichtigen und zu analysieren gilt, um ein umfassendes Verständnis des Kunden zu entwickeln und ihn zu verstehen.

Beim Menschen, den man als Berater auf Kundenseite gegenüber hat, geht es nicht nur darum den Menschen im unternehmerischen Kontext, also in seiner offiziellen Rolle und dem damit einhergehenden Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu verstehen. Sondern auch darum zu versuchen seine persönlichen Ambitionen und Ängste zu verstehen. Denn all das beeinflusst sein Verhalten, seine Entscheidungen sowie ob und in welcher Art und Weise er welche Informationen verteilt.

Bei der Organisation des Unternehmens geht es eher um ganz sachliche Aspekte, wie zum Beispiel die Funktionsweise der Geschäftsprozesse, Organisationsstruktur und Berichtswesen oder Interaktion von Teams und Abteilungen.

Das Unternehmen als Ganzes als dritte Facette des Kunden umfasst zwei Kernaspekte. Erstens, die Innenbetrachtung, d.h. zum Beispiel die Unternehmenskultur, das Führungsverhalten und die Innovationsbereitschaft. Und zweitens, das unternehmerische Ökosystem und Umfeld wie Markt, Wettbewerb, Trends, gesetzliche Vorgaben und die Kooperation mit Partnern.

 

Um diese Aspekte zu erfassen bietet es sich an, sich dahinter liegende Fragen zu stellen, die man dann im Verlauf der Kundenanalyse beantwortet. Denn schließlich bieten die Antworten auf diese Fragen die Hauptgrundlage des Kundenverständnisses.

 

Für das Verständnis und die Analyse jeder Facette “des Kunden” und zur Beantwortung der Fragen gibt es wiederum verschiedene Methoden, die sich gut eignen.

“Wenn du sprichst, wiederholst du nur, was du eh schon weißt; wenn du aber zuhörst, kannst du unter Umständen etwas Neues lernen.” – Dalai Lama

Ihr ahnt vielleicht schon auf was ich hinaus will…Die geeignetste Methode um den Kunden zu verstehen ist eigentlich ein no-brainer:

zuhören!

Aber dies gilt natürlich ganz besonders beim Verständnis des Menschen auf Kundenseite. Zuhören und beobachten ermöglicht einem, ein möglichst ungefärbtes Bild der aktuellen Situation, bestehender Herausforderungen und möglicher Probleme zu entwicklen. Die Basis für den weiteren Verlauf des Beratungsprozesses und für gute Beratung.

Zu den Methoden, mit welchen man den Kunden verstehen kann, zählen beispielsweise aber auch die “klassische” Business-Analyse, Anforderungserfassung oder Markt- und Konjunkturanalysen.

 

Es gibt unterschiedliche Tools und Hilfsmittel, die man einsetzen kann. Dazu zählen zum einen Informationsmaterialien, wie z.B. Unternehmensberichte, Organigramme oder makroökonomische Gutachten, welche man für die Nutzung bestimmter Methoden benötigt. Zum anderen gehören zu diesen Tools auch ganz konkrete Praktiken und Techniken wie Pro- und Kontra-Listen, Interviews und Fragebögen oder auch Workshops. Und zu guter Letzt gibt es Tools, die einem selbst (also dem Berater) helfen, all die gesammelten Informationen zu erfassen und zu strukturieren, z.B. Mindmaps. Ich persönlich bin ja ein großer Fan und Nutzer von MindNode*, da sich hier alle Mindmaps via Cloud über alle meine unterschiedlichen Devices automatisch synchronisieren und ich somit auch spontan, wenn mir ein Gedanke einkommt, diesen schnell in der entsprechenden Mindmap übers Handy ergänzen kann.

 

Was ist die Lieblingsaussage eines Berater? “Kommt drauf an…” 😉

Und natürlich hängt auch der Beratungsprozess für Unternehmensberatung stark von der Art der Unternehmensberatung ab. Geht es um Organisationsentwicklung und Transformationsprojekte, ist es wichtiger den Mensch und die Organisation beim Kunden zu verstehen. Und auch hier würde man je nachdem nochmal andere Fragen stellen oder Methoden verwenden. Bei Unternehmensberatung im Bereich Business Development oder Internationalisierung steht hingegen eher das Verständnis des Unternehmen als Ganzes im Mittelpunkt.

Im nächsten Artikel geht’s dann um den zweiten Teil des Beratungsprozess in der Unternehmensberatung: der fachlichen Beratungsleistung.


Ich hoffe Du findest die Beschreibung des Beratungsprozess in der Unternehmensberatung aus Sicht des Beraters trotz der Allgemeingültigkeit erstmal ganz hilfreich. Falls nicht, lass es mich wissen!

Ich freue mich auf Deine Kommentare und Anmerkungen!

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3 Kommentare

  1. […] beispielsweise Online-Shops für Unternehmen. Als sie neulich meinen ersten Blogpost zum Thema “Beratungsprozess in der Unternehmensberatung aus Sicht des Beraters” gelesen hat, meinte sie zu mir: Mir war gar nicht bewusst, wie viel ich, in dem was ich tue, mit […]



  2. […] habe, mich mit dem Beratungsprozess als solchem zu beschäften, um z.B. in meiner Beitragsreihe Der Beratungsprozess aus Sicht des Beraters etwas Licht ins Dunkel dieses sehr breit gefächerten Begriffs zu bringen, bin ich im Beitrag von […]



  3. […] letzten Artikel habe ich angefangen, den Beratungsprozess in der Unternehmensberatung aus der Sicht des Beraters […]